Unsere Deutsche Wurzeln - Our German Roots
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FESTSCHRIFT ZUR GENERAL-KIRCHENVISITATION 1928:

Teil 1. Begrüßungsschreiben, Das Evangelium im Strehlener Lande, Das Gemeinschaftsfest auf dem Rummelsberge.
Teil 2. Arnsdorf, Crummendorf, Eisenberg, Friedersdorf, Großburg, Hussinetz,
Teil 3. Lorenzberg/ Jäschkittel, Markt-Bohrau, Nieder-Rosen, Olbendorf, Prieborn, Riegersdorf,
Teil 4. Ruppersdorf, Schönbrunn, Schreibendorf, Steinkirche, Strehlen, Türpitz.

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Die evangelischen Kirchgemeinden des Strehlener Kreises.

Kirchspiel/Parish Riegersdorf
Riegersdorf

Riegersdorf.

Von P. Winkler, Riegersdorf

Die Anfänge der Kirchengemeinde Riegersdorf reichen bis ins 13. Jahrhundert zurück. Als Gründungsjahr des Dorfes, das ursprünglich „Rüdigersdorf", später „Rügersdorf" hieß, ist vermutlich 1293 anzunehmen. Ort und Kirche gehörten seit 1311 dem Klarissenkloster zu Strehlen, dessen Patronatsrechte in einer Bestätigungsurkunde vom Jahre 1324 ausdrücklich erwähnt werden. 1534 wurde Riegersdorf evangelisch. Der erste bekannte Pfarrer war Martin Berthold aus Freystadt, der von 1541—76 amtierte, aber seinen Wohnsitz, wie auch alle seine Nachfolger bis zum Jahre 1707, in der Muttergemeinde Eisenberg hatte. Damals umfaßte die Riegersdorfer Flur 37 1/2 Hufen, davon 2 Hufen Widmut, und ein Vorwerk mit 5 Hufen. Nachrichten über das älteste Kirchengebäude fehlen. Ein zweites, von dem jetzt nur noch der Hauptteil des Turmes vorhanden ist, wurde im 16. Jahrhundert errichtet und zeigte spätgotisches Gepräge. Da das erste Kirchenbuch (für Eisenberg und Riegersdorf), das 1590 angefangen wurde, nichts von einem Kirchenbau erwähnt, muß dieser jedenfalls früher erfolgt sein. Eine alte, wertvolle, noch jetzt im Gebrauch befindliche Glocke mit reicher Verzierung und Inschriften stammt aus dem Jahre 1597.

Evang. Kirche in Riegersdorf Furchtbar waren für Riegersdorf die Folgen des Dreißigjährigen Krieges. Von früher 21 Bauern waren nur noch 2 übrig geblieben, und der Acker war so verstraucht, daß er 1650 zum Anbau gerodet werden mußte. Ja, noch 1652 ist der Ort „mehrenteils unbewohnt". Im selben Jahrhundert bekam die Gemeinde dann auch noch infolge der Gegenreformation die Leiden der Religionsverfolgung zu spüren. Auf Befehl der österreichischen Landesregierung wurde ihr 1689 die Abhaltung evangelischen Gottesdienstes verboten und die Kirche geschlossen und versiegelt, „aber" wie es im Eisenberger Kirchenbuche rühmend heißt „wegen der Wachsamkeit und des Mutes der ganz evangelisch gewesenen Gemeinde nicht zum päpstlichen Gottesdienst eingeweiht". Zehn Jahre hielten sich die Riegersdorfer nun nach Eisenberg, bis auch dort (1699) die Kirche gewaltsam weggenommen und ein katholischer Priester eingesetzt wurde. Von 1699 bis 1707 war Riegersdorf Gastgemeinde von Schönbrunn. Dann erst erhielt die Gemeinde, die so standhaft an ihrem Bekenntnis festgehalten hatte, infolge der Altranstädter Konvention ihre Kirche zurück, oder vielmehr: sie nahm sie sich kurzerhand. Denn, so erzählt das Kirchenbuch, „nach 17 3/4 Jahren der Sperrung fuhr die Gemeinde bei der a. 1707 erfolgenden Kirchenrestitution behende zu, nahm ihre versiegelte Kirche wieder und bat, weil die Eisenberger Kirche von ihrem Collator (Patron) noch einige Zeit zurückgehalten wurde, bei Hofe um einen eigenen Geistlichen, den sie auch erlangte". Zugleich wurde von den während der Vakanzzeit aufgesammelten Pfarrwidmutseinkünften ein Pfarrhof im Dorfe erbaut. So hatte die Gemeinde von 1707—1818 ihre eigenen Pfarrer, war aber von 1819 bis 1867 wieder mit Eisenberg verbunden; dann wurden die Pfarrämter auf Antrag der Gemeinde Riegersdorf dauernd getrennt.

Schon 1838 war hinter dem baufälligen, noch mit Stroh bedeckten alten Pfarrhause ein neues errichtet worden, worauf das alte abgebrochen wurde. In den Jahren 1887—88 wurde sodann auch die Kirche von Grund auf aus Granitquadersteinen neu gebaut— nur der Turm blieb stehen, wurde aber um 2M Meter erhöht und erhielt einen dem ursprünglichen ähnlichen achteckigen Helm. 1924 endlich wurden anstelle einer im Kriege beschlagnahmten kleinen Glocke, die aus dem Jahre 1869 stammte, zwei größere neue beschafft, sodaß sich die Gemeinde seitdem eines Dreigeläutes (E, Gis, H) erfreuen kann. Infolge der Erschließung der nahegelegenen „Crummendorfer Quarzschieferbrüche" ist Riegersdorf im Laufe der letzten Jahrzehnte aus einer Bauerngemeinde mindestens zur Hälfte Industriegemeinde geworden. Die Seelenzahl betrug nach der letzten Volkszählung (1925) 663 Evangelische, 13 Altlutheraner, 59 Katholiken, 3 Adventisten und 2 Dissidenten.


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